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Partisan
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Architektur und Wohnen mit Ambiente
Die Reise nach Berlin - Journey to Berlin
Die Welt 7. Mai 1998, von Susanne Ziegert
Konfuzianische Weisheit gegen Tristesse
Ein ,,Orakel von Berlin" soll
die Wohnqualität am runden Mehringplatz wieder verbessern
Fernöstliche Weisheiten sollen
künftig das ,,Orakel von Berlin" voraussagen. Der
Münchner Künstler Bonger Voges will am Kreuzberger Mehringplatz
eine
Rauminstallation nach Vorbild des chinesischen I Ging installieren.
64 farbige
Metallfahnen sollen sich am inneren Gebäuderondell im Wind
drehen. Deutsch-englische Texttafeln am Boden weisen dem Betrachter
sein Schicksal.
,,Stellen Sie eine Frage, die Sie
nicht mit ja oder nein beantworten können. Gehen Sie zur Farbe,
die Sie anzieht", fordert ein Wegweiser auf. Das I Ging (Buch
der Wandlungen) antwortet mit einer 2500 Jahre alten konfuzianischen
Weisheit. ,,Dieser Ort soll wieder zum Verweilen einladen",
erklärt Bonger Voges. Der ausgebildete Tänzer und Choreograph
arbeitet seit drei Jahren an seinem Projekt. Für die Idee konnte
er auch Politiker begeistern.
Der Kreuzberger Bürgermeister
Franz Schulz: ,,Das Projekt ist ein gelungener ästhetischer
Beitrag, der das Wohnumfeld verbessert." Seit Jahren wollen
Planer den früheren Belle-Alliance-Platz attraktiver machen.
Das ursprüngliche Rondell von 1737 war einer der schönsten
Stadtplätze Berlins. Nach dem Krieg lag er in Trümmern
und wurde Ende der 60er Jahre nach Plänen von Hans Scharoun
als Mischung von Sozialwohnungen, Cafe's und Geschäften wieder
aufgebaut.
Doch das Konzept ging nicht auf. Geschäfte
sterben in der tristen Umbauung, Spaziergänger kommen nur selten
in die verschmutzte Grünanlage in der Mitte. Durch eine besondere
Attraktion an den beiden Eingängen hofft Bonger Voges künftig
auf regen Besucherzulauf. Die französische Bildhauerin Niki
de Saint Phalle baut ein Sonnen- und ein Mondtor. Damit erinnert
sie an das historische Hallesche Stadttor an diesem Ort.
Die Kosten für das Projekt schätzt
Voges auf 4,8 Mio. DM. Die Vermarktung des
Orakels als Souvenir soll einen Teil der Summe erbringen. Außerdem
geht der
Initiator auf Sponsorensuche. Potentielle Geldgeber sollen einen
Abschnitt des
Platzes für 75 000 Mark symbolisch erwerben. Zunächst
soll das Orakel für zehn
Jahre auf dem Platz bleiben. Geplanter Baubeginn ist im Herbst nächsten
Jahres -
wenn die notwendigen Gelder zusammenkommen. Doch da ist der Künstler
bester
Hoffnung. Denn 1998 ist nach dem chinesischen Kalender das Jahr
des Geldes.
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Süddeutsche Zeitung, 19.08.1998/Nr. 189 von
Inge Ahrens
Mittendrin am Ende der Welt
Der Mehringplatz in Kreuzberg gehört
zu jenen Orten, die haarscharf am Rand der neuen City liegen
Das ist kein Platz, wo man lange verweilt,
man überquert ihn mit zielsicherem Schritt, auf dem Weg zur
U-Bahn oder nach Hause. Frauen ziehen ihre Kinder hinter sich her,
Männer tragen schwer an Einkaufsbeuteln, der Döner wird
im Laufschritt verzehrt. Wer hier sitzt, wie die dösenden Rentner
auf der Bank oder die türkische Großfamilie unter den
Bäumen, lauscht dem Großstadtgebrause: der Mehringplatz,
Verkehrsknotenpunkt für U-Bahn, Bus und Weiße Flotte,
ist der Auftakt zur Friedrichstraße, mitten in Kreuzberg und
am Ende der Welt. Schnurgerade führt von hier die Straße
noch Norden in die neue blankgeputzte Mitte, und man braucht keine
Adleraugen, um die Züge den Bahnhof Friedrichstraße passieren
zu sehen.
Es war immer so: Im südlichen Teil der Straße lebten
die einfachen Leute, die Arbeiter und Handwerker, im nördlichen
Teil, zwischen Leipziger Platz und Unter den Linden, wuchsen die
Paläste für den Adel. Da sich die Bauwut seit dem Jahr
Eins nach der Mauer auf jenes Teilstück der Friedrichstraße
konzentrierte, war der Mehringplatz ein vergessener Ort, das Stück
Straße südlich vom Checkpoint Charlie blieb jenseits
der Scheuklappen derer verborgen, die so gern die Goldenen Zwanziger
beschwören. Bis 1989 lag es im Schatten der Mauer.
Dabei war der ehemalige Belle-Alliance-Platz,
etwa 1730 im Zuge der barocken Stadterweiterung Berlins samt südlichem
Stadttor entstanden, einmal Visitenkarte der Stadt. Im Krieg fast
gänzlich zerstört, legte Hans Scharoun 1962 auf dem historischen
Grundriss einen geschlossenen Rundplatz an: Werner Düttmann
baute bis 1875 das Stadtquartier am Mehringplatz. Die hohe Randbebauung,
westlich des AOK-Gebäudes von Scharoun und östlich ein
Altenheim von Düttmann, waren als Abschirmung gegen die geplante
und wieder verworfene südliche Stadtautobahn gedacht.
Paradies für Punks
Heute ist der Mehringplatz gewiss
keine Oase und schon gar kein Biotop für seltene Pflanzen und
Vögel, über 40.000 Menschen leben hier, können in
mehr als 30 Geschäften einkaufen. An der Siegessäule mit
der Victoria von Christian Daniel Rauch (1843) speien die steinernen
Löwen das Wasser in den Brunnen, und die Punks bewässern
ihre Hunde. Abgerissen wirkt das 25.000 Quadratmeter große
Rund, ins Kraut geschossen die Bäume, verblichen der Häuseranstrich,
zugewachsen und zubetoniert die Arkaden auf Stelzen, schmutzige
zwielichtige Räume entstanden, wenig einladend zum Spielen
und Flanieren. Am Ort der ehemaligen Stadttors sind Blumenkübel
aus Pressbeton zu einer Art Panzersperre zusammengeschoben, Schilderfanatiker
treiben ihr Unwesen.
Bonger Voges hat die Idee. Der junge Konzeptkünstler möchte
den Platz beleben, er soll wieder das Tor zur Friedrichstraße
werden. Da sich Voges von der Kunst der 60er und 70er Jahre und
einem Schuss chinesischer Weisheit inspirieren ließ, heißt
das Projekt denn auch „Das Orakel von Berlin", und es
ist nur eine Frage der Zeit, wann der Mehringplatz in Orakelplatz
umbenannt wird. Auf dem Dach des Scharounschen Gebäuderundes
werden 64 verschiedenfarbige Metallfahnen installiert, durch Wind
und Sonne bringen die (geräuschlosen) Metallfahnen Farbe auf
den Platz. Wer Fragen an sich oder das Leben hat, die sich nicht
einfach mit Ja oder Nein beantworten lassen, begibt sich zu einer
ausgewählten Farbfahne und liest an deren Fuß das Orakel.
Warum gerade in Kreuzberg Chinas Kultur Platz nehmen soll, bleibt
dunkel wie die Prophezeiung des Orakels. Der chinesische Botschafter
jedenfalls verneigt sich vor dem Einzug fernöstlicher Weisheit
ins barbarische Berlin. Bonger Voges konnte Niki de Saint Phalle
für sein Konzept gewinnen. Die in den sechziger Jahren durch
ihre voluminösen Nanas bekanntengewordene Künstlerin soll
am Außenrund des Platzes, südlich ein Mondtor und östlich
ein Sonnentor stellen, eine monumentale Skulptur, zwölf Meter
hoch, mit einem sieben Meter hohen Torbogen in acht Metern Breite.
Der Spaziergänger schreitet durch silberne Mosaikschenkel einer
goldenen Sonnengöttin durch das neue Stadttor des Südens
anstelle des alten im Kriege zerstörten.
Voges möchte im März 2000 fertig sein. Bis dahin werden
fleißig Sponsoren gesucht, „es muß ja nicht alles
auf einmal sein", bleibt er gelassen. Sechseinhalb Millionen
Mark sind schließlich kein Pappenstiel. Am Ende sollen die
Häuser einen hellgrauen Anstrich haben, die Bäume ein
wenig gestutzt sein und die ungepflegten Büsche im inneren
Ring verschwinden, um die Mauscheleckchen freizulegen und Platz
für die Sponsorenplakate zu schaffen.
Die Antwort des Orakels
Um den Brunnen wird sich ein Metallring
mit Angabe einiger wichtiger Sehenswürdigkeiten im nahen Umkreis
spannen. Von dort aus sollen die Besucher von Weisheit geleitet
ausschwärmen, zum Berlin-Museum und zum Jüdischen Museum
von Liebeskind in der Wilhelmstraße, zur Amerika-Gedenkbibliothek,
zu einer Ausstellung ins Willy-Brandt-Haus oder abends ins Hebbel-Theater.
,,Die Verträge mit der Wohnungsbaugesellschaft, dem Senat und
dem Bezirk sind gesichert", sagt Voges, ,,nun fehlt nur noch
das Geld", und er hat, schon ganz Chinese, 1998 einfach zum
,,Jahr des Geldes" erklärt. Und um die Friedrichstraße
auch nach Süden zu öffnen, würde er am liebsten das
Luftgeschoss des Scharounschen Rondells durchbrechen. Ob das gelingt,
ist noch fraglich. Hierauf weiß vielleicht das Orakel eine
Antwort.
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Jetzt Magazin der Süddeutschen Zeitung 30.08.99
Asiatische Kostbarkeiten sind gefragt,
ob von Konfuzius oder als Nummer 487, Ente- süß-sauer,
auf der Speisekarte. Auf dem Berliner Mehringplatz entsteht deshalb
gerade das Orakel von Berlin. Sätze aus dem „I Ging“,
dem chinesischen Buch der Wandlungen, erklären die Welt: Wie
werde ich glücklich? Hängt Nachbars Katze irgendwie mit
Nummer 487, süß-sauer, zusammen?
deutsches Allgemeines Sonntagsblatt,
23.04.1999, Nr.17 von Ulla Hansselmann
Mehr Leichtigkeit für Berlin
Dem Zufall eine Chance geben: Seinen
Orakelplatz versteht der Münchner Konzeptkünstler als
Brückenschlag zur östlichen Kultur
Herr Voges, der Mehringplatz, ehemals
Belle-Alliance-Platz, war städtebaulich einmal für Berlin
so zentral wie der Pariser Platz. Wird er als Orakelplatz wieder
diese Bedeutung erlangen?
Bonger Voges: Ich bin überzeugt,
daß ,,das Orakel von Berlin" eine der touristischen Hauptattraktionen
der Stadt sein wird. Es wird ein Ort der geistigen und spielerischen
Auseinandersetzung, ein Ort, an dem
Ost und West in einen Kulturaustausch treten. Die Verknüpfung
von Ost und West, das ist in Berlin ja nicht gerade originell.
Voges: Ja, aber bisher war damit vor
allem Ost- und Westeuropa gemeint. Wir wollen dem eine globale Nuance
hinzufügen: Wir wollen hier thematisieren, wie östliche
Menschen im Gegensatz zu uns Westeuropäern denken und wie sie
dem Alltag begegnen.
Wie denn?
Voges: Sie schenken dem, was sie umgibt,
mehr Bedeutung, und für sie spielt auch der Zufall, der dem
Orakelspiel ja zugrunde liegt, eine ganz andere Rolle. Für
sie ist der Zufall eine Aussage, eine Mitteilung. Für uns hingegen
ist der oft nur eine Begleiterscheinung, die wir manchmal mit Erstaunen
bemerken, wir messen ihm keine weitere Bedeutung zu. Im fernen Osten
hingegen ist er sogar so etwas wie eine Antwort auf das Sein.
Eine Antwort auf das Sein, das versucht
die Bibel auch. Warum haben Sie statt der Orakelsprüche keine
Bibelzitate verwendet?
Voges: Weil die Bibel ein religiöses
System ist und 1-Ging ein philosophisches. Es gibt Ratschläge,
aber es ist ein absolut offenes Prinzip, zu dem jede Religion eine
Brücke schlagen kann.
Soll das heißen: Wer Ihr Orakelspiel
mitspielt, kommt dem Sinn des Lebens ein bisschen mehr auf die Spur?
Oder anders gefragt: Wozu brauchen wir überhaupt ein Straßenorakel?
Voges: Wenn ich mit diesen Sprüchen
die Menschen anregen kann, mehr Weisheit zu haben für das,
was sie umgibt, also für die Natur oder dafür, wie die
Menschen sind, dann habe ich viel erreicht. Diesen Zustand der Wachheit
symbolisiert im Übrigen ein Tor: Ein Tor ist dafür da,
von einem Raum in den nächsten zu schreiten, es steht für
den Übergang von einem Vorhaben zum nächsten, von einem
Gedanken zum anderen. Mit dem Orakel knüpfen wir somit auch
an die Torfunktion an, die der Platz einmal hatte. Er wird ein Schnittpunkt
von einer Zone der Ruhe zur Einkaufswelt der Friedrichstraße
werden.
Verhindern unsere Stadträume
diese Wachheit, von der Sie sprechen?
Voges: Oft. Es gibt hier in Berlin
sogar einige Bauten, die sind einfach menschenunwürdig. Schönheit,
Natur, Raum für Kinder, da fehlen viele Aspekte, die ein frohes
Leben ausmachen.
Was vermissen Sie genau?
Voges: Berlin ist historisch eine
streng gewachsene Stadt, die auch in ihrer Erneuerung auf diese
Strenge Wert legt. Ich nehme die Stadt grundsätzlich als sehr
männlich wahr. Und deshalb glaube ich, dass eine spielerische,
leichte, sinnliche Architektur der Stadt sehr gut bekommt, denn
die fehlt hier. Es gibt keine ähnlich gearteten Projekte in
Berlin, und einen Orakelplatz gibt es auf der ganzen Welt nicht.
Glauben Sie, dass sich die Menschen
auf Ihr Orakelspiel einlassen werden?
Voges: Dafür gibt es handfeste
Belege. Danken Sie nur an ein ähnliches Spiel, das
Ratschläge bereithält: das Horoskop. Damit beschäftigen
sich etwa 80 Prozent der
Menschen.
Sie auch?
Ab und zu.
Wie sollen die Leute denn mit dem Orakel umgehen?
Voges: Man kann dem Projekt ,,oberflächlich"
leicht begegnen, ohne sich intellektuell zu strapazieren. Man kann
aber auch in die Tiefe gehen: In der Gedenkbibliothek, die in der
Nähe ist, wird es einen Raum zu diesem Thema geben. Aber auch
jemand, der völlig unbedarft herkommt, wird etwas mitnehmen:
eine positive Erinnerung an den Ort, an die Stadt, und er wird eine
Anregung für sich persönlich bekommen. Wenn man sich solche
Fragen stellt, die man weder mit Ja oder Nein beantworten kann,
kommt man sehr schnell zu Themen, die einem wichtig sind, zu grundsätzlichen
Dingen wie Geld, Liebe, Beruf, Beziehung.
Also doch ein Beitrag zu mehr Sinnhaftigkeit im Alltag?
Voges: Ja, vielleicht schon, aber ohne Zeigefinger.
Es ist einfach ein Angebot, das einen sehr menschenfreundlichen
Effekt hat.
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Ein Tor zur neuen Mitte
Am Mehringplatz in Berlin soll das
erste Straßenorakel der Welt entstehen - eine
Aktion zwischen Architektur, Kunst und Zeitgeist
Das schicke neue Berlin, hier nimmt
es ein jähes Ende: Nach Süden hin mündet die noble
Friedrichstraße in ein ramponiertes Gebäuderondell: Der
Mehringplatz, das ist nicht mehr die glanzvolle Mitte, sondern schmuddeliges
Kreuzberg, wie gehabt. Die Wände des auf Stelzen stehenden
Häuserrunds in schmutzigem Gelb, graffitibesprenkelte Arkaden,
düster und muffig: ,,You fucker", steht da, die hochgeschossenen
Hecken im Innenhof wehren Licht und Luftigkeit ab. Zu lange warf
die Mauer ihre Schatten, der Checkpoint Charlie lag gerade mal 700
Meter entfernt.
Dabei war das, was da in den Zeiten
der Teilung ins Jämmerliche verfiel, eine städtebauliche
Idee mit guten Absichten: Architekt und Stadtplaner Hans Scharoun
riegelte Anfang der sechziger Jahre das im Krieg zerstörte
Areal mit einer Hochhausbebauung gegen die damals noch projektierte
Stadtautobahn ab und griff die historische Rondellform wieder auf;
der Architekt Werner Düttmann zingelte in den Siebzigern den
Platz mit zwei parallel verlaufenden Häuserringen ein, heute
sozialer Wohnungsbau.
Doch die glanzvollen Zeiten, die dieses
Stück Berlin schon gesehen hatte, kamen partout nicht wieder:
Im Zuge der barocken Stadterweiterung hatte König Friedrich
Wilhelm 1. um 1730 hier den Belle-Alliance-Platz errichten lassen
- Roms Piazza del Popolo als Vorbild vor Augen, so gebot es die
Mode. Ein Stadttor, das mit dem Pariser und dem Leipziger Platz
die Knotenpunkte der einstigen Friedrichstadt bildete. Ein Platz
also Im Wandel der Zeiten. Und jetzt soll schon wieder alles anders
werden, und wieder ist die Veränderung vom Zeitgeist inspiriert
- und natürlich von Berlins fieberhaftem Bestreben nach Originalität.
Der Konzeptkünstler Bonger Voges
will den Mehringplatz in einen Orakelplatz verwandeln, ja, gar das
,,erste Straßenorakel der Welt" soll hier entstehen.
Doch was, oberflächlich besehen, reißerisch klingt, schenkt
der Hauptstadt architektonisch eine neue Facette. Bringt doch das
Konzept des in Berlin und München lebenden Künstlers endlich
eine spielerische Komponente in Berlins gediegen-strenge bis wichtigtuerische
Stadterneuerung. Und so soll ,,Das Orakel von Berlin" funktionieren:
64 auf dem inneren Gebäudering installierte, verschiedenfarbige
Metallfahnen formen einen Regenbogen. Der Ratsuchende, der mit einer
Frage, die sich weder mit Ja oder Nein beantworten lässt, den
Platz betritt, sucht sich eine Fahne aus und findet an ihrem Fuß
einen in einen Betonsockel eingelassenen Orakelspruch. Die Schicksals-Texte
sind dem chinesischen Weisheitssystem 1-Ging entnommen, das Konfuzius
vor 2.500 Jahren schriftlich fixiert hatte.
Mit dieser ,,Kommunikationsidee"
(Voges) einher gehen optische Verschönerungen:
Die Häuser bekommen derzeit einen neuen Anstrich, das grüne
Gestrüpp soll gelichtet werden, so dass bis 2000 ein freundliches
Tor zur Friedrichstraße entsteht. Die Torfunktion unterstreichen
sollen zwei zwölf Meter hohe Skulpturen der Künstlerin
Niki de Saint Phalle, bekannt durch ihre Weibsfiguren, die Nanas.
Die einen mögen die Orakelei als Esoterik-Schnickschnack abtun,
anderen passt vielleicht die Nähe zur Erlebnis-Architektur
nicht, doch dem maroden Platz kann im Prinzip jede Veränderung
nur gut tun. Und dass das so geliftete Rondell tatsächlich
einmal Anziehungspunkt sein wird, wie sich Voges verspricht, scheint
plausibel, gliedert es sich doch ein in eine Reihe attraktiver Ziele
in der Umgebung: das Jüdische Museum von Daniel Libeskind,
die Gedenkbibliothek, das Deutsche Technikmuseum oder das Hebbel
Theater.
Namhafte Personen wie Richard
von Weizsäcker haben Zuspruch geäußert, die ersten
Sponsoren sind gewonnen, doch von den nötigen 6,5 Millionen
Mark fehlen noch ein ,,wesentlicher Teil", so Voges. Eine Ausstellung
am künftigen ,,Orakelplatz" (ab Juni) und ein Förderverein
sollen das Projekt weiter voranbringen. Der dritte Orakelspruch
,,Dschun" dürfte für Bonger Voges Leitsatz sein:
,,Die Anfangsschwierigkeit wirkt erhabenes Gelingen. Fördernd
durch Beharrlichkeit. Man soll nichts unternehmen. Fördernd
ist es, Gehilfen einzusetzen."
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Der Tagesspiegel, Montag 01.12.1997/Nr. 16178
Vom ,,Belle-Alliance" zum Mehringplatz
Der Mehringplatz hieß entsprechend
seiner Kreisform zunächst ,,Rondell". Bei der Erweiterung
der südlichen Friedrichstadt hatte ihn Friedrich Wilhelm 1.
von 1734 an gleichzeitig mit dem Pariser und dem Leipziger Platz
anlegen lassen. 1815 wurde der Name in Belle-Alliance-Platz geändert.
Diese Bezeichnung erinnerte an den Sieg der preußischen und
englischen Truppen gegen Napoleon bei Belle Alliance in Belgien
-besser bekannt als die Schlacht bei Waterloo. Ebenfalls zum Gedenken
an die Befreiungskriege und den nachfolgenden Frieden wurde 1843
in der Platzmitte die 19 Meter hohe Friedenssäule mit der Viktoria
aufgestellt. Später folgten weitere Skulpturen, die zum Teil
bis heute erhalten sind.
Im Zweiten Weltkrieg legten alliierte
Bomber den Platz, den sie auch als Orientierungspunkt benutzten,
in Schutt und Asche. Seinen heutigen Namen erhielt er 1947 nach
dem sozialdemokratischen Politiker und Historiker Franz Mehring
(1846 bis 1919), der 1916 auch, gemeinsam mit Liebknecht und Luxemburg,
den Spartakusbund mitbegründete. Anfang der 60er Jahre gewann
Hans Scharoun den Wettbewerb zur Neugestaltung. Umgesetzt wurde
das teilweise geänderte Konzept von Werner Düttmann. Nach
siebenjähriger Bauzeit wurde der Platz 1975 fertig. Die geschlossene
Bebauung sollte ihn gegen eine im Norden geplante Autobahn-Trasse
abschirmen. Die Autobahn wurde nie gebaut.
Der Tagesspiegel, Donnerstag 07.05.1998/Nr.
16329 von
Andreas Conrad
Die Pythia von Kreuzberg
Statt Kaffeesatz: Als Beitrag zur
Stadtbildverschönerung will der Konzeptkünstler Bonger
Voges auf dem Mehringplatz ,,Das Orakel von Berlin" Installieren.
Das interessiert auch Politiker Den
alten Griechen genügte als Orakel ein Loch. Von unterirdischen
Dämpfen schon ganz trunken, hockte die delphische Pythia auf
ihrem dreibeinigen Stuhl, einer Art Urform des Barhockers, und brabbelte
benebelt vor sich hin. Der Sinn ihrer Worte blieb meist dunkel,
forderte ambivalente Interpretationen geradezu heraus. Irgendwie
gleicht auch der Mehringplatz einem großen Loch, und Leute
mit feinen Nasen werden sicher bestätigen, dass besonders im
Sommer
wegen der vielen Hunde, gewisse Dämpfe.. .Aber da sei Zeus
vor, oder besser noch Bonger Voges, der unter seinen vielfältigen
Begabungen diesmal die des Konzeptkünstlers aktiviert hat.
Sein Beitrag zur Stadtbildverschönerung: ,,Das Orakel von Berlin."
Das ist zunächst ein eingetragenes Warenzeichen. Schon in Delphi
kam man ohne Vermarktung nicht aus.
Seit Herbst 1995 arbeitet Voges an
dem Mehringplatz-Projekt, assistiert von seiner Mitinitiatorin Kristijana
Penava. Mittlerweile hat er ein ganzes Rudel von Mitstreitern aufgetan,
manche mehr ideell, manche praktisch beteiligt. So konnte er gestern
diverse Herrschaften von Rang und Namen, darunter einen echten Senator
(Strieder, Stadtentwicklung), um sich scharen, um sich deren Wohlwollen
für sein Orakel versichern zu lassen. Fahnen flatterten schon
bei der Schlacht von Belle-Alliance, Napoleons letzter, nach der
der Mehringplatz einst benannt worden war Schon insofern passt es
also, was Voges mit dem Areal vorhat: Auf dem Dach des inneren Betonrondells
sollen 64 metallene Tafelfahnen installiert werden, emailliert gefärbt
in der Abfolge des Spektralkreises. Zu jeder Blechfahne gehört
eine im Boden eingelassene Tafel: der eigentliche Orakelspruch,
entnommen dem chinesischen Buch ,,1 Ging", das von Konfuzius
nicht verfasst, doch immerhin kommentiert wurde.
„Orakel von Berlin“
Am Mehringplatz in Kreuzberg wird
demnächst das ,,Orakel von Berlin“ entstehen. Die Idee
stammt vom Münchner Künstler Bonger Voges. Das 25.000
Quadratmeter große Areal erhält eine Kunstinstallation,
bestehend aus 64 Metallfahnen, die auf den ringförmig angeordneten
Wohnhäusern angebracht werden. Dazu angeordnet finden sich
im Boden eingelassene Orakel-Texte. Weisheiten, die von dem chinesischen
Philosophen Konfuzius stammen. Weitere Attraktion: ein Sonnentor
und ein Mondtor der französischen Künstlerin Niki de Saint
Phalle. Sie sollen das alte Hallesche Tor markieren. (sk.)
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Berliner Zeitung 7. Mai 1998
Also rechnet der Konzeptkünstler
den fernöstlichen Weisen ohne Zögern zum Mitarbeiterstab,
zuständig für ,,Farbzuordnung“. Funktionieren soll
es so: Man stelle sich eine Frage, sie darf aber nicht mit Ja oder
Nein zu beantworten sein. Dann begebe man sich zu der Farbe, die
einen im Moment am meisten anspricht. Der jeweilige Fahnenspruch
auf der Texttafel ist dann die Antwort auf die Frage. Ergänzt
wird der Fahnenwald durch zwei Skulpturen von Niki de Saint Phalle,
spiegelnde Mammutfiguren, die ein „Mondtor" und ein ,,Sonnentor"
darstellen. Da das Orakel frühestens im Herbst 1999 fertig
ist, blieb der Konzeptkünstler in der Frage der Finanzierung
auf Kaffeesatz und Kristallkugeln verwiesen - und auf Gespräche
mit potentiellen Sponsoren.
4,8 Millionen Mark soll das Projekt kosten, einschließlich
der Wartung für zehn Jahre. Auf diese Zeit hat Voges mit der
Baugesellschaft WIR, Hausherrin am Mehringplatz, einen Vertrag geschlossen,
mit der Möglichkeit zu verlängern. Da man sich erst vor
wenigen Wochen handelseinig wurde, konnte Voges gestern noch keine
Sponsoren nennen, auf deren Gratifikationen sein Orakel zu einem
Drittel fußen soll. Mit 75.000 Mark ist man dabei, wird dann
an gebührendem Ort lobend erwähnt. Angeblich gibt es schon
deutliche Interessenten. Der zweite Finanzfuß ist das Merchandising,
für entsprechende Produkte soll es einen Designwettbewerb geben.
Schließlich hofft man auf Schirmherrschaften von Orakel-Veranstaltungen.
Berlin und Kreuzberg kostet das alleine nichts. Das verspricht Voges,
die Pythia vom Mehringplatz.
oben
Berliner Zeitung 12. April 2000, von Andreas Kopietz
Begegnung mit Konfuzius
Künstler will den Mehringplatz
zum ,,weltweit ersten Straßenorakel" machen
Irgendwann hat sich der Mehringplatz
dem Konzeptkünstler Bonger Voges als Orakel offenbart. Vor
fünf Jahren, als er in der Nähe wohnte und den Platz täglich
überqueren musste, tauchten in seinem Kopf Fragen auf: Warum
sehe ich aus, wie ich aussehe? Warum sieht dieser Platz so aus,
wie er aussieht? Da kam Bonger Voges die Idee: Dieser Platz muss
ein Ort der Kommunikation werden. Noch in diesem Jahr will der 43-Jährige
den Mehringplatz zu einem „Kunstplatz" machen. Anwohner
und Passanten sollen schon mal darauf eingestimmt werden, dass es
hier im nächsten Jahr das ,,weltweit erste Straßenorakel"
geben soll. Auf den ringförmigen Wohnhäusern drehen sich
dann 64 Metallfahnen im Wind, davor sind Platten in den Boden eingelassen,
auf denen Rat Suchende Weisheiten des chinesischen 1-Ging lesen
können. Sprüche, die vor rund 2500 Jahren der chinesische
Philosoph Konfuzius gesammelt hat.
6,5 Millionen Mark soll die Umgestaltung
des Platzes kosten. Voges hofft auf Sponsoren, die einen großen
Teil beisteuern. ,,Eine halbe Million haben wir durch Verträge
bereits sicher", sagt er. Mit weiteren Firmen sind wir im Gespräch".
Der Rest soll aus Fördertöpfen der Stadtentwicklungsverwaltung
kommen. Wie viel, das will er nicht verraten. Baubeginn für
2001 geplant. Bonger Voges hat sich die Benutzung des Straßenorakels
so vorgestellt: Man überlege sich eine Frage, die man nicht
mit Ja oder Nein beantworten kann und begebe sich zu einer Fahne,
deren Farbe einem im Moment zusagt. Am Fuß der Fahne steht
dann die passende Weisheit aus dem 1-Ging, dem Buch der Wandlungen.
An den zwei Eingängen zu dem Platz soll jeweils eine zwölf
Meter hohe Figur der Bildhauerin Niki de Saint Phalle stehen: ein
Sonnen- und ein Mondtor.
Das Orakel soll ab 2001 gebaut werden.
Die Wohnungsbaugesellschaft WIR renoviert zuvor die umliegenden
Häuser und Fassaden. In diesem Jahr will Voges eine Lichtinstallation
in den unteren Bereichen anbringen. Im Boden um den Brunnen mit
der Friedenssäule sollen im Herbst Wegweiser zu kulturellen
Einrichtungen eingelassen werden. Voges und seine Partnerin Kristijana
Penava haben für ihr Projekt unter anderem den Feng-Shui Berater
Lin Yun Thomas (USA) konsultiert und auch Chung Ying Cheng, den
Präsidenten des Vereins für internationale 1-Ging Forschung.
Auch der chinesische Botschafter ist von dem Vorhaben begeistert.
Mittlerweile kümmert sich ein ganzer Verein mit dem Namen ,,Orakel
von Berlin" um das Projekt. Eine Umgestaltung des Platzes hält
nicht nur der Künstler für überfällig. Auch
SPD-Bausenator Peter Strieder ist dafür. Ein Betonriegel mit
Wohnungen verbarrikadiert die Sicht auf den Platz, die Hecken sind
struppig. Recycling-Container blockieren die Friedrichstrasse. Wo
heute noch ein Gestrüpp wächst, sollen später die
1-Ging Texttafeln in den Boden eingelassen werden.
Voges: ,,Der Mehringplatz ist ein
introvertierter Platz, der danach schreit, wieder lebendig zu werden."
Das findet im Prinzip auch das Landesdenkmalamt. Der Platz steht
unter Denkmalschutz. Somit könnte sogar das Entfernen der Hecken
problematisch werden. ,,Prinzipiell können wir uns eine ergänzende
künstlerische Sicht vorstellen", sagt Denkmalschützer
Klaus Lingenauber - wenn dadurch die desolate Situation auf dem
Platz beseitigt werde. ,,Aber es stellen sich noch eine Menge Fragen."
In den kommenden Wochen will sich die Behörde näher mit
den Entwürfen beschäftigen. Die Wohnungsbaugesellschaft
WIR unterstützt Voges Plan. Nur die Betonriegel, den Voges
gern abreißen würde, will die WIR nicht anrühren.
,,Das stellt sich Herr Voges sehr einfach vor", sagt eine Sprecherin.
Man kann die Leute nicht einfach raussetzen. Und weil das Haus öffentlich
geförderter Wohnungsbau ist, müssten wir dann die Mittel
zurückzahlen."
Bonger Voges ist sich sicher,
dass Scharen von Berlinern und Touristen sein Orakel um Rat fragen
werden. ,,An diesem Platz steigen täglich 15000 U-Bahn-Fahrgäste
aus, die umliegenden Kultureinrichtungen haben neuneinhalb Millionen
Besucher im Jahr." In der Nähe liegen mehr als zehn öffentliche
Einrichtungen, unter anderem die Amerika Gedenkbibliothek, das Jüdische
Museum und das Hebbeltheater. Dass sein Orakel-Plan aufgeht, ist
für den Künstler keine Frage: ,,Das Projekt ist städtebaulich
interessant, es ist sozial interessant. Es ist gut für Berlin.
Berliner Zeitung 30. August 2000, von Andreas Kopietz
Auf der Suche nach den Siegermächten
Künstler Bonger Voges forscht
nach den vier verschwundenen Standbildern vom Mehringplatz
Ein Künstler ist auf der Suche
nach den Standbildern vom Mehringplatz. Bis vor Kriegsende war die
Friedenssäule von vier Skulpturengruppen umgeben. Doch obwohl
zwei Figuren den Krieg überstanden hatten, sind auch sie verschwunden.
Laut einer Denkmalliste von 1952, die sich im Kreuzberg-Museum befindet,
wurden die Figuren in der Bombennacht am 3. Februar 1945 zerstört.
Das scheint nicht zu stimmen. Der Konzeptkünstler Bonger Voges,
der an der Umgestaltung des Mehringplatzes zum ,,Orakel von Berlin"
arbeitet, hat mit seinem Verein ,,Orakel von Berlin" nachgeforscht
und herausgefunden: ,,Die Skulpturen wurden nicht vollkommen zerstört,
sie waren zum Teil noch vorhanden." Das beweist auch das Foto
aus dem Jahr 1947. Im Kreuzberg-Museum fand der Verein außerdem
eine zweite Liste aus dem Jahr 1947. Demnach waren in dem Jahr ,,
2 Gruppen stark beschädigt" und ,,2 Gruppen nicht mehr
auffindbar".
Bonger Voges, der den Mehringplatz
zu einem großen Straßenorakel nach chinesischem Vorbild
umgestalten will, möchte durch die Wiederaufstellung der Figuren
dem Platz wenigstens einen Teil seiner historischen Bedeutung wiedergeben.
Die Friedenssäule, die noch heute auf dem Mehringplatz steht,
bildet mit den Skulpturen eigentlich ein Ensemble: Sie erinnert
an die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 und die vier verschwundenen
Figuren - zwischen 1872 und 1875 von den Bildhauern H. Walger und
J. Franz geschaffen - symbolisierten die Siegermächte Preußen,
Hannover, England und Niederlande. Martin Düspohl, Leiter des
KreuzbergMuseums, befürchtet, dass die Plastiken nicht mehr
existieren. Bonger Voges dagegen vermutet, dass sie vor der Umgestaltung
des Platzes abmontiert worden sind: ,,Vielleicht stehen sie ja noch
in irgendwelchen Lagern oder bei irgendjemand im Garten." Wolfgang
Liebenhenschel, der bis zu seiner Pensionierung das Kreuzberger
Hochbauamt leitete, ist wie Voges, am Verbleib der Skulpturen interessiert.
Vor ein paar Jahren fand er zwei verschollen
geglaubte Standbilder, die am Halleschen Tor, dem Eingang zum Mehringplatz,
gestanden hatten. Sie sind inzwischen an ihren Standort zurückgekehrt.
Liebenhenschel entdeckte auch Marmorsäulen der früheren
Hochbahnarkaden wieder - sie lagen bei einem Kreuzberger Steinmetz,
der gerade im Begriff war, daraus Grabsteine zu meißeln. Der
frühere Amtsleiter sieht eine letzte Möglichkeit, wo man
noch suchen könnte: im Märkischen Museum in Mitte. In
dessen Keller, sagt er, lagerten etliche Skulpturen von Brücken,
Häusern und öffentlichen Plätzen, die bis zum Krieg
zum Stadtbild gehört hatten.
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Berliner Morgenpost 8. Februar 2000
Das Orakel kommt in kleinen Schritten
Kreuzberg - Das ,,Orakel von Kreuzberg",
die Kunstinstallation am Mehringplatz, nimmt Form an: ,,Wir haben
bereits 500 000 Mark von Sponsoren gesammelt", sagt der Regisseur
und Initiator, Bonger Voges. Noch in diesem Jahr sollen, quasi als
Einstieg eine Hausfassade renoviert und ein Wegweiser-Ring zu kulturellen
Einrichtungen angelegt werden. Die Wohnungsbaugesellschaft W.I.R.
will die Häuser des Innenringes am Platz neu streichen. Das
,,Orakel" selbst soll ab 2001 entstehen.
Es besteht aus 64 farbigen ,,Tafelfahnen"
von 2,50 Meter mal 2,50 Meter auf den Wohnhäusern, ihnen zugeordneten
Bodenplatten und einer ,,Textschlange". Wer eine Tafel betritt,
wird aufgefordert, sich eine Frage zu überlegen, die nicht
mit Ja oder Nein zu beantworten ist. Je nach Stimmungslage wählt
man eine Tafelfahne. An ihrem Fuß findet der Ratsuchende in
der ,,Textschlange" eine Weisheit aus dem chinesischen 1-Ging,
einer über 2500 Jahre alten Sammlung, die der Philosoph Konfuzius
zusammentrug. Zwei Figuren der Künstlerin Nike de Saint Phalle
werden die Zugänge zum Platz am Halleschen Tor und der Friedrichstrasse
Ecke FranzKlühs-Straße zieren. Insgesamt soll die Anlage
6,5 Millionen Mark kosten. Ob der Senat Geld zuschießt, ist
nach Voges' Worten allerdings noch nicht geklärt.
Berliner Morgenpost 13. März 2000
von Uwe Dannenbaum
Das Orakel von Berlin auf Spurensuche
Bürgerinitiative will Mehringplatz
und Umfeld restaurieren
Ein Rätsel, das seit 55 Jahren
ungelöst ist. Wo sind die vier Skulpturen geblieben, die bis
Kriegsende um die Friedenssäule auf dem Kreuzberger Mehringplatz
standen? Eine Bürgerinitiative hat es sich jetzt zur Aufgabe
gemacht, die verschwundenen Standbilder aufzuspüren. Ebenso
zwei verloren gegangene Figurengruppen, die zur Halleschen-Tor-Brücke
gehören. Überdies setzen sich die etwa 50 Mitglieder für
eine radikale Neugestaltung des Platzes ein- einen der wichtigsten
Schnittpunkte in der Berliner Stadtlandschaft.
Die Geschichte des historischen Areals
am oberen Ende der Friedrichstraße recht weit zurück.
1734 wurden in Berlin drei Plätze angelegt - das Achteck (Leipziger
Platz), das Karree (Pariser Platz und das Rondell, der heutige Mehringplatz.
Bis 1947
trug er den stolzen Namen Belle-Alliance-Platz, ehe er nach dem
Publizisten und
Historiker Franz Mehring umbenannt wurde. Die Platzmitte ziert eine
Friedenssäule -
in Erinnerung an die Befreiungskriege (1813-1815). Um die Säule
standen vier Skulpturen, die 1875 aufgestellt wurden - Arbeiten
der Bildhauer A. Fischer und J.
Franz. Die symbolträchtigen Figuren standen für die beteiligten
Siegermächte -Preußen, England, Niederlande und das Könighaus
Hannover. In den letzten Kriegstagen 1945 bot der Platz ein Bild
der Verwüstung. In der Mitte wurden Leichen aufgebahrt - Opfer
der schrecklichen Bombennächte. Die Überlebenden wohnten
in Häusern ohne Dächer und Außenwände oder
in den Kellern auf engstem Raum. Nur zögernd begannen die Aufräumungsarbeiten.
In diesem verheerenden Chaos ging
ein Großteil der schmückenden, prächtigen Bauelemente
verloren. Nicht nur die vier Skulpturen um die Friedenssäule,
sondern auch die Figurengruppe der nahe gelegenen Halleschen-Tor-Brücke
- Werke der Bildhauer Otto Geyer und Julius Moser. Zwei der Brückenfiguren
konnten 1986 - mit Hilfe der Berliner Morgenpost - wieder aufgespürt
werden. Sie stehen heute an alter Stelle. Jetzt setzt sich die Bürgerinitiative
,,Orakel von Berlin", vom Senat und Bezirksamt unterstützt,
für eine Neugestaltung des Platzes ein. Der ungewöhnliche
Name der Vereinigung soll bewusst eine symbolische Anspielung auf
das Rondell und die Problematik des Platzes sein.
Wer mehr darüber wissen will:
Die rührige Vereinigung präsentiert sich mit einer Dauerausstellung
in der Friedrichstraße 246. Der Vorstandsvorsitzende Bonger
Voges plädiert vor allem für eine ,,durchgehende begehbare
Sichtachse vom Halleschen Tor bis in die Friedrichstraße".
Voges: ,,Diese Achse wird zur Zeit durch einen nachträglich
aufgepfropften Betonriegel an der Halleschen-Tor-Brücke und
durch mehrere aufgestellte Glascontainer in der Friedrichstraße
regelrecht blockiert." Überdies fordert die Initiative,
die ,,verwilderten Grünanlagen zu ordnen und eine neue Farbgestaltung
der Ringgebäude", die von keinem Geringeren als von Hans
Scharoun entworfen wurden. Ebenso soll nach den verschwundenen Skulpturen
gefahndet werden - in Magazinen, Parkanlagen oder Depots. Hinweise
werden unter der Telefonnummer 252 94 666 entgegengenommen.
Berliner Morgenpost 3. April 2000, von Uwe Dannenbaum
Sieges-Symbole zerstört?
Das Rätsel um die vier verschwundenen Skulpturen rund um die
Friedenssäule auf
dem Kreuzberger Mehringplatz scheint gelöst. Seit Wochen ist
der Konzeptkünstler
Bonger Voges auf der Suche nach den Standbildern, die seit einer
Bombennacht am
3.Februar 1945 spurlos verschwunden sind. Jetzt meldete sich das
Kreuzberg
Museum In der Adalbertstraße mit einem Hinweis: In archivierten
Akten des Bezirksamtes aus dem Jahre 1952 sei vermerkt, dass die
Skulpturen ,,vollkommen zerstört" und ,,nicht mehr vorhanden"
seien. Voges will trotzdem nicht aufgeben. Er nehme die Hinweise
des Museums zwar zur Kenntnis, aber es sei dennoch durchaus möglich,
dass die Figurengruppen ,,überlebt" haben und sich in
irgendeinem Depot oder Lapidarium befinden: ,,Wir werden die Suche
nicht gänzlich abbrechen und sind für jeden weiteren Tipp
dankbar."
Bei den verschwundenen Steinbildern
handelt es sich um Arbeiten der Bildhauer A. Fischer und J. Franz,
die im Jahr 1875 rund um die 19 Meter hohe Friedenssäule aufgestellt
wurden. Die Säule erinnert an die Befreiungskriege von 1813
bis 1815. Die Figurengruppen wiederum symbolisieren die beteiligten
Siegermächte Preußen, England, Niederlande und das Königshaus
Hannover. Wie berichtet, hat Bonger Voges ein Konzept zur Neugestaltung
des Mehringplatzes entwickelt - unterstützt von der Bürgerinitiative
,,Orakel von Berlin", die sich der Restaurierung des ehemaligen
,,Belle-Alliance-Platzes" verschrieben hat und inzwischen mehr
als 50 Mitglieder zählt. Voges ist der Vorsitzende. Erste Instandsetzungsarbeiten
der auffälligen Randbebauung - entworfen von dem ehemaligen
Senatsbaudirektor Werner Düttmann und dem berühmten Architekten
Hans Scharoun - wurden bereits begonnen. Etliche Fassaden sind bereits
renoviert, jetzt sollen die inzwischen verwilderten Grünanlagen
neu geordnet werden. Wer sich über die Pläne genauer informieren
will, hat dazu in einer Dauerausstellung in der Friedrichstraße
246 Gelegenheit. Dort ist man auch über jeden Hinweis über
den Verbleib der verschwundenen Skulpturen dankbar. Hinweise werden
auch unter der Telefonnummer 25 29-46 66 entgegengenommen.
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Preußische Nachrichten von Staats- und Gelehrten
Sachen Mai 2000
Das Orakel von Berlin Neues Tor zur Friedrichstrasse
Das Kunstprojekt ,,Das Orakel von
Berlin" ist eine europaweit einzigartige
Installation, die im neuen Jahrtausend zur dauerhaften Attraktion
auf dem
Mehringplatz im Zentrum Berlins werden soll. 1600 Jahre nach dem
Orakel von
Delphi können Besucher erstmals auf einem öffentlichen
Platz ein Orakel befragen.
Inspiriert von der einstigen historischen Bedeutung des Platzes
sowie durch
altchinesische Weisheitsbuch ,,1-Ging" (Das Buch der Wandlungen)
entwickelte der
Konzeptkünstler Bonger Voges die Idee zum Orakel von Berlin,
das am Anfang der
Friedrichstraße - dem Tor zum Neuen Berlin - im Jahre 2001
entstehen wird. Durch die Verbindung europäischer und chinesischer
Weisheit wird eine Brücke zwischen Ost und West entstehen.
Die Installation besteht aus 64 2,5
x 2,5,m großen Windtafeln, die auf dem Dach des inneren Gebäuderondelis
in der Abfolge des Farbsprektums installiert sind. Die weithin sichtbaren
Farbtafeln sind zentraler Bestandteil der Installation, ihnen sind
am Boden Texttafeln aus dem chinesischen Weisheitsbuch 1-Ging zugeordnet.
An den gegenüberliegenden Eingängen des zukünftigen
,,Orakeiplatzes" thronen zwei monumentale Torfiguren: Das Sonnentor
und das Mondtor sind der engagierte Beitrag der französischen
Künstierin Niki de Samt Phalle. Die 12 Meter hohen Skulpturen
sind faszinierend mit Spiegelmosaiken verziert und stehen symbQlisch
für das alte Hallesche Tor.
Hier beginnt das Orakeispiel, es ist
einfach erklärt: An den Eingangstoren des Platzes laden drei
erläuternde Sätze den Besucher zum Spiel ein. ,,Stellen
Sie sich eine Frage die Sie nicht mit Ja oder Nein beantworten können.
Gehen Sie dann zu der Farbtafel die Sie in diesem Augenblick am
meisten anspricht - 2500 Jahre Weisheit geben Ihnen Antwort auf
Ihre Frage." Das Konzept des Orakeiplatzes erwirkt ein in Europa
einzigartiges spielerisches Zusammenwirken von Kunst, Stadtarchitektur
und asiatischer Weisheit, weisches nicht nur eine touristische Attraktion
sondern auch eine stadtarchitektonische Bereicherung darstellt.
Der als Rondell angelegte Gebäudekomplex
am Mehringplatz, in den 70er Jahren ein
ambitioniertes Projekt der Architekten Hans Scharoun und Werner
Düttmann, steht
heute als heruntergekommene, triste und freudlose Betonwüste
in neuen Zentrum
Berlins. Kaum noch bekannt ist die einstige historische Bedeutung
dieses Platzes der schon drei verschiedene Namen trug. 1734 wurde
der kreisrunde Platz im Süden Berlins angelegt. Als Rondell
bezeichnet, bildete der heutige Mehringplatz dem Südpunkt eine
städtebaulichen Geometrie. Zusammen mit dem Quarré im
Norden (seit 1815 Pariser Platz) und dem Oktagon im Westen (seit
1815 Leipziger Platz) bildete er Orientierungspunkt für die
außerhalb des alten Stadtgebietes geplante Friedrichstadt.
Nach dem Sieg über Napoleon wurde der Platz im Stile des ,,Piazza
del Popolo" in Rom neu bebaut. Von nun an war der ,,Belle-Alliance-Platz"
ein Platz des Bürgertums. Der neue Name sollte an den Sieg
über Napoleon bei Beile Alliance (besser bekannt als Waterloo)
in Belgien erinnern. Zum Gedenken an die Befreiungskriege von 1813
- 1815 wurde 1839 auch die ,,Friedenssäule" mit der ,,Victoria"
und 1876 vier Skulpturen die die Siegermächte Preußen
(mit dem Adler), Hannover (mit dem Pferd), England (mit dem Jaguar)
und die Niederlande (mit dem Löwen) symbolisierten errichtet.
Hier pulsierte das Leben, ganz nach dem Motto ,,Gesehen und gesehen
werden" flanierte man über den Platz.
Während des zweiten Weltkriegs
wurde dieser dann durch einen Bombenangriff am 3. Februar 1945 völlig
zerstört. 1947 wurde der Platz in ,,Mehringplatz" umbenannt.
Um die Neubebauung kümmerte sich zunächst Hans Scharoun,
der zuvor 1959 den Wettbewerb ,,Hauptstadt Berlin" gewonnen
hatte. Nach seinem Tod übernahm Werner Düttmann diese
Aufgabe und vollendete den Platz. Historische Elemente sind dabei
völlig verloren gegangen, die mächtige ,,Friedenssäule
mit der Viktoria" ist ein letzter Rest der einstigen Flaniermeile.
In seinem Kunstprojekt möchte Bonger Voges so viele historische
Elemente wie möglich mit einbeziehen um wieder einen Bezug
zu der damaligen Bedeutung des Platzes herzustellen - er möchte
dem Platz eine neue Richtung geben ohne die Historie außer
Acht zulassen.
Gesucht wird nach den vier Skulpturen
die seit den siebziger Jahren verschollen sind. Ob diese zerstört
oder wohin sie transportiert wurden weiß man nicht genau.
Menschen die etwas über diese Skulpturen wissen oder sich daran
erinnern was mit diesen Skulpturen geschehen ist, könnten zur
Auffindung beitragen. Informationen können an die unten genannte
Adresse gegeben werden. Dort findet begleitend zu dem Kunstprojekt
eine Ausstellung in den Räumen vom ,,Orakel von Berlin e. V."
in der Friedrichstraße 246 statt. Neben einem Miniaturorakel
und Dokumentationen sind auch Informationen zur geschichtlichen
Entwicklung des Platzes, zur Farbenpsychologie, zum I-Ging sowie
erste virtuelle Eindrücke über CD-Rom zu sehen.
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Abendzeitung 24.08.1998, von Gert Gliewe
Gib dem Zufall eine Chance
Berlin: Der Münchner Künstler Bonger Voges baut seinen
Orakel-Platz mit chinesischen Weisheiten
Ein Münchner macht mit beim hektischen
künstlerischen Aufputz der neuen deutschen Hauptstadt Berlin.
Bonger Voges (40) heißt der Mann, der seit 1979 in München
ein multimedialer Szene-Ungeist war. Tanzprojekt, Tanztendenz, Festival
der Sinne, die Macht der Nacht, Negerhalle, Der Tempel - das sind
nur ein paar Stichworte seiner kreativen Aktivitäten zwischen
Tanz, Theater, Club und Kneipe. Sein neues Projekt hat gewaltige
Dimensionen. Zusammen mit privaten Investoren (die Gesamtkosten
von sechs Millionen sind noch nicht ganz gedeckt) will er den verkommenen
Mehringplatz am Rande von Kreuzberg zum ,,ersten Orakelplatz der
Welt" (Voges) umgestalten.
Der ehemalige, nach dem Vorbild der
barocken römischen Piazza del Popob gebaute Belle-Alliance-Platz
wurde im Krieg zerstört und 1973 von den Architekten Hans Scharoun
und Werner Düttmann als Doppelkreis-Anlage neu konzipiert.
Nach dem Bau der Mauer verlor der Platz seine zentrale Lage und
rutschte ins urbane Abseits. Nach der Öffnung der Stadt liegt
er nun wieder im Herzen Berlins und könnte ein attraktives
Tor zum Boulevard Friedrichstraße werden. Nach der Renovierung
und farblichen Neufassung (lichtes Grau) will Bonger Voges den Platz
spielerisch erlebbar machen.
Inspiriert dazu hat ihn das 2.500 Jahre alte chinesische Weisheitenbuch
,,I Ging", in dem unter anderem Texte von Konfuzius zu finden
sind. Der Almanach ist eine unergründliche Fundgrube philosophischer
Sprüche, die auch für westliche Sinnsucher gebrauchsfertig
sind. Und so soll der Platz spätestens im Jahr 2000 aussehen:
Auf den Häusern des inneren Rondells werden 64 metallene Windtafeln
errichtet, die über den Dächern in den Spektralfarben
leuchten und von weither sichtbar sein sollen, wobei Wind und Beleuchtung
den Platz jeweils farblich anders changieren lassen. Jeder Windfahne
ist eine im Boden eingelassene Metallplatte mit einem Text (in deutsch,
englisch und chinesisch) aus dem ,,1 Ging" zugeordnet.
Und so wird das Orakel gespielt: Beim Betreten des Platzes stellt
man sich eine Frage, die man nicht mit ja oder nein beantworten
kann. Dann geht man zu einer Farbe, die einem emotional gefällt
und liest auf dem Boden den Orakel-Text. Vielleicht heißt
es da: ,,Gib dem Zufall eine Chance". - Auf spielerische Weise
sollen die Besucher in ihren Alltag geführt werden," sagt
Voges. Verspielt werden auch die beiden Entrees für den Mehringplatz:
Ein Mond- und ein Sonnentor, die die französische Künstlerin
Niki de Samt Phalle in ihrer post-surrealistischen Manier gestalten
wird. Mit blitzenden Spiegel-Mosaiken und jeweils zwölf Meter
Höhe werden die weit schillernde Signale sein. Und wenn man
Nikis Kitsch nicht mag, kontert Voges: ,,Berlin ist eine so strenge
Stadt. Das Leichte und Verspielte fehlt hier sehr. Deswegen finde
ich Niki de Samt Phalle gerade richtig am (Mehring) Platz.
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BZ 10. März 2000, von Maxi Merkel
Sonnengöttin statt Germanenkrieger.
Was meinen Sie?
Hier beginnt eine der berühmtesten
Straßen Berlins. Der Start der Friedrichstraße will
aber nicht zu ihrem Image passen. Grünflächen sind ungepflegt,
Müll liegt herum, triste 70-er Jahre-Bauten sind mit Graffiti
beschmiert: Der Mehringplatz ist kein Ort an dem man gerne verweilt.
Das soll sich ändern. Er hieß noch BeIleAlliance-Platz,
als er beim amerikanischen Bombenangriff am 3. Februar 1945 vollkommen
zerstört wurde. Nur die 19 Meter hohe Friedensäule mit
Victoria trotzte den Bomben, steht noch heute. Die Säule war
1843 in Erinnerung an die Befreiungskriege gegen den Franzosenkaiser
Napoleon errichtet worden. Ebenso wie vier Skulpturen als Symbol
der Siegermächte Preußen (Adler), Hannover (Pferd), England
(Jaguar) und Niederlande (Löwe). Im Gegensatz zur Säule
sind die Standbilder aber seit dieser Bomben-Nacht spurlos verschwunden
und völlig in Vergessenheit geraten.
Jetzt erarbeitete der Konzeptkünstler
Bonger Voges einen Plan, um den Platz neu zu gestalten. Sein Konzept,
das bis zum nächsten Jahr verwirklicht werden soll, sieht vor,
historische Elemente mit moderner Kunst zu verbinden. Unter dem
Motto ,,Das Orakel von Berlin - Tor zur Friedrichstraße".
Dazu sucht Bonger Voges nach den vier verschollenen Skulpturen,
um sie wieder an ihrem historischen Standort aufzustellen. Wenn
Sie etwas über diese Skulpturen wissen, melden Sie sich bei
der BZ: Tel. 2591 3777.
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Bild 7. Mai 1998
Fahnen überm Mehringplatz: Was
würde Konfuzius dazu sagen?
Geheimnisvoll: der Mehringplatz als
Orakel? 64 Texttafeln mit Sprüchen des altchinesischen Philosophen
Konfuzius sollen Berliner und Touristen weiser werden lassen. Die
Idee dazu hatte der Münchner Künstler Bonger Voges. Auf
dem Dach des Gebäuderondells werden 64 Farbfahnen angebracht.
Zu jeder Fahne gehört eine im Boden eingelassene Orakel-Texttafel.
Und so geht' 5: Man stelle eine Frage, suche sich eine Farbe aus
und komme so zu der Tafel mit der Antwort, erklärte Voges.
Ergänzend werden zwei Skulpturen der französischen Künstlerin
Niki de Saint Phalle symbolhaft das Hallesche Tor markieren.
Sinn der ganzen Sache? Bezirksbürgermeister
und Stadtplaner wollen den Platz attraktiver machen. Die Wohnungsbaugesellschaft
in Berlin zieht mit. 24 Mio. Mark steckte sie dort bereits in ihre
Häuser, weitere 15-20 Mio. Mark sollen folgen. Voges will sein
4.8 Mio. Mark teures Projekt hauptsächlich durch Sponsoren
finanzieren. ,,Es sind noch keine Verträge unterschrieben,
doch gibt es ernsthaftes Interesse", so Voges. Nach seinen
Plänen soll das Orakel Ende 1999 fertig sein.
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Berliner Illustrierte 23. Januar 2000, von Dirk
von Nayhauß
Befragen wir bald das Orakel von Berlin?
Der Platz ist besser als ein Ruf.
,,Provinzielle Sozialbau-Idylle ohne städtisches Leben"
oder ,,Sündenfall" lauten die vernichtenden Urteile über
das Rondell am südlichen Ende der Friedrichstrasse. Dabei hat
der Mehringplatz einen - im autogeplagten Berlin - großen
Vorteil: Er ist ruhig, der Verkehr bleibt außen vor. Nun gut,
die Gebäude - von Hans Scharoun 1962 entworfen und Anfang der
70er-Jahre von Werner Düttman ausgeführt - gehören
sicher nicht zu den schönsten der Stadt. Aber welche Gebäude
der Siebziger haben heute noch Bestand? Welche sieht man sich gern
an? Etwa den ,,Sozialpalast" an der Potsdamer Strasse oder
den Bierpinsel in Steglitz? Da ist der Mehringplatz schon fast eine
freundliche Idylle. Zumal der Ort Tradition hat.
Neben Pariser und Leipziger Platz
gehörte er zu den drei barocken Stadtplätzen, die Soldatenkönig
Friedrich Wilhelm 1. um 1734 anlegen ließ. Alle drei Orte
dienten zunächst auch als Marktplatz und Exerzierfeld. 1815
wurde das Rondell nach dem belgischen Belle-Alliance benannt, in
dessen Nähe Napoleon besiegt worden war (die Schlacht ist heute
eher als jene von Waterloo bekannt). Noch heute steht die 19 Meter
hohe Friedenssäule - 1834 errichtet - die ebenfalls an die
Befreiungskriege erinnert. Der Platz war beliebt und belebt. In
den Erdgeschossen lagen Weinhandlungen, Cafes, auch eine Apotheke.
Und er war ein Verkehrsknotenpunkt mit 19 Straßenbahn-, vier
Omnibus- und zwei U-Bahn-Linien. Doch dann kam der 3. Februar 1945,
an dem 1500 amerikanische Flugzeuge die Innenstadt in ein Flammenmeer
verwandelten. 1946 nach dem linken Publizisten Franz Mehring benannt,
lag der Platz lange brach.
Aus heutiger Sicht hätte man
ihn wohl wieder aufbauen können, doch die Stadtplaner hatten
anderes im Sinn. Zum Beispiel eine Autobahn, die nördlich am
Mehringplatz verlaufen sollte, doch die Mauer verschonte Kreuzberg
vor diesem Horror. Im September 1975 wurde der Platz samt den dahinter
liegenden Wohntürmen fertig. Wohlwollend hieß es in der
Wochenzeitschrift ,,Die Zeit": ,,Es macht offensichtlich Spaß,
hier zu leben." Mittlerweile sieht der Platz etwas trist aus:
das Grün ungepflegt, die Wände beschmiert. Doch die Mauern
werden demnächst gestrichen. Und wenn alles klappt (und 6,5
Millionen Mark zusammenkommen), dann wird der Mehringplatz im nächsten
Jahr zu einem großen Kunstwerk - genannt ,,Das Orakel von
Berlin".
Der Künstler Bonger Voges will
auf den Dächern 64 verschiedenfarbige Metallfahnen
installieren. Wer Fragen an sich oder das Leben hat, begibt sich
zu jener Farbe, von der er sich angezogen fühlt. Am Fuße
findet er das Orakel, das sich an dem chinesischen „I Ging"
orientiert. Mit dem ,,Orakel" (und einer gepflegten Grünanlage)
könnte der Platz tatsächlich zu einer Idylle mitten in
Kreuzberg werden, wo man gern verweilt und die Großstadthektik
hinter sich lässt.
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Zitty 19/1999, von Denise Dismer
Fragen ans Rondell
Der kürzeste Weg vom U-Bahnhof
Hallesches Tor zur Friedrichstraße führt über den
Mehringplatz - der schönste ist es sicher nicht. Doch nicht
nur der ästhetische
Anspruch der Passanten soll in Zukunft befriedigt werden, nein,
selbst auf
tiefgründige Fragen werden sie hier Antwort finden. Denn am
südlichen Tor zur
Friedrichstraße soll ab Dezember 2000 das ,,Orakel von Berlin"
zu bewundern sein.
Nach der Idee des Konzeptkünstlers
Bonger Voges wird es so aussehen:
Hinweistafeln fordern den Besucher auf, sich eine Frage auszudenken,
auf die man nicht mit ja oder nein antworten kann. 64 bunte Metallfahnen,
die sich auf den Dächern der umstehenden, rondellförmig
angeordneten Gebäude befinden, sollen je nach momentaner Stimmung
den Betrachter besonders anziehen. Am Fuße der entsprechenden
Windtafel findet er die Antwort auf seine anfangs gestellte Frage
Beim Betreten und Verlassen des Rondells passiert man zwei zwölf
Meter hohe mit Flügeln und Krallen bestückte subrig- glänzende
Skulpturen - die Antwort der Künstlerin Niki de Saint-Phalle
auf das historische Hallesche Tor. In einer Ausstellung kann der
Besucher sich bereits jetzt einen Eindruck vom zukünftigen
Orakelplatz machen. Anhand einer Farbkanone kann man dort prüfen,
wie bestimmte Farben auf die eigene Psyche wirken.
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Sein, November 1999
Das Orakel von Berlin
Reanimation eines vergessenen Platzes
Inspiriert durch das altchinesische
Weisheitsbuch ,,I-Ging" entwickelte der Konzeptkünstler
Bonger Voges die Idee zum außergewöhnlichen Stadtentwicklungsprojekt
am Mehringplatz ,,Das Orakel von Berlin - Neues Tor zur Friedrichstraße".
Der im Krieg völlig zerstörte Platz wurde 1973 von den
Architekten, Hans Scharoun und Werner Düttmann, neu gestaltet,
doch wurde er seit dem Bau der Mauer (700 m bis zum Checkpoint Charlie)
schwer vernachlässigt und verwandelte sich allmählich
in eine menschenleere Betonlandschaft. Seit dem fall der Mauer ist
der Mehringplatz wieder ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in der
alten-neuen Mitte von Berlin und bildet das Zentrum kultureller
Einrichtungen von internationaler Bedeutung. Unter Mitwirkung international
anerkannter Künstler wird dieser Platz in eine Hauptattraktion
der neuen Bundeshauptstadt verwandelt - der weltweit erste Orakelplatz
nach Delphi.
Das Orakel besteht aus großen,
farbigen Emailletafeln, die auf dem Dach des inneren Gebäuderondells
In der Abfolge des Farbspektrums installiert sind. Den weithin sichtbaren
Farbtafeln sind in den Boden eingelassene Texttafeln zugeordnet,
auf denen die Weisheiten des ,,I-Gings" (das chinesische ,,Buch
der Wandlungen") stehen. An den gegenüberliegenden Eingängen
des Orakels thronen zwei monumentale Torskulpturen. Das ,,Sonnen-
und das Mondtor" sind der Beitrag der französischen Künstlerin
Niki de Saint Phalle zur Neugestaltung des Platzes.
Um das Orakel zu Rate zu ziehen betritt
man durch die Eingangstore die Mitte des Platzes, stellt sich eine
Frage, die nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden kann und wählt
aus dem Spektralkreis spontan eine Farbe, an deren Fuß die
Antwort geschrieben steht. Mit dem Orakel werden auch eine Reihe
von Ausstellungen und kulturellen Events, wie Konzerte und Parties
in den vergessenen Teil der Friedrichstraße ziehen. Durch
das einzigartige Projekt wird der Mehringplatz in eine kulturelle
Attraktion verwandelt.
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Esotera 12/98, von Irene Dachlichow
Das Orakel von Berlin
Das alte chinesische Weisheits-System
I Ging an einem öffentlichen Platz erfahren zu können
- diese Möglichkeit wird es in naher Zukunft auf dem Berliner
Mehringplatz geben. Der Künstler Bonger Voges ist dabei, ihn
in einen gigantischen Orakel-Ort umzugestalten. Lange Zeit lag der
Platz in einer Art Dornröschen-Schlaf. Doch eines Tages kam
ein Künstler vorbei, der wahrnahm, was hier an Möglichkeiten
schlummerte. Das war 1995. Seitdem versucht er, die ,,verschwundene
Prinzessin" namens Mehringplatz wachzuküssen. Und inzwischen
ist sie schon fast erwacht...
Im Klartext: Der Münchner Tänzer,
Regisseur und Konzeptkünstler Bonger Voges hatte vor drei Jahren
für mehrere Wochen in Berlin zu tun. Immer wieder überquerte
er während seines Aufenthaltes dort den Mehringplatz, der am
Anfang der berühmten Friedrichstraße liegt, wo einst
das alte ,,Hallesche Tor" gestanden hat. Mit dem Bau der Mauer
war dieser Platz völlig In Vergessenheit geraten - ,,in einen
Domröschenschlaf gesunken", wie Bonger Voges es ausdrückt.
Tatsächlich ist der Mehringplatz bis heute teilweise mit dornigen
Hecken bewachsen, und diese Hecken stören die eigentliche Besonderheit
der originellen architektonischen Gestaltung: Ein innerer Ring von
auf Säulen ruhenden Häusern gewährt freie Sicht auf
einen zweiten, äußeren Ring. Nur wachsen da momentan
eben jede Menge Hecken, und so kann von einem ,,Durchblick"
nicht mehr die Rede sein. Seine fast täglichen ,,Begegnungen"
mit dem Mehringplatz brachten Voges auf die außergewöhnliche
Idee, die er seitdem verfolgt und in die er seine Kraft sowie all
seine persönlichen finanziellen Mittel steckt: Hier soll ein
Ort entstehen, an dem Ost und West sich treffen. Ganz im Sinne dessen,
was sich die gesamte Stadt zum Ziel gesetzt hat.
Der Mehringplatz im Zentrum des wiedervereinigten
Berlin soll wieder die Funktion übernehmen, die er vor langer
Zeit als ,,Hallesches Tor", als Stadttor, einmal hatte. Ein
Tor ist eine Stelle, die zwei verschiedene Räume miteinander
verbindet. Auf der städtebaulichen Ebene heißt das hier,
dass ein Wohngebiet mit einem Bereich von Geschäften , Restaurants
und ähnlichem zusammenkommt. Auf einer ,,Höheren",
atmosphärischen oder energetischen Ebene sollen sich an dem
geplanten Orakel-Ort die alltägliche und eine übergeordnete
Realität miteinander verbinden. Zudem sollen sich hier, wie
gesagt, Ost und West treffen, indem das alte chinesische Weisheitssystem
I Ging mit seinen Orakelsprüchen Menschen mit westlichem kulturellen
Hintergrund zugänglich und sogar körperlich erfahrbar
gemacht wird. Dabei geht es auch um Bildung im multikulturellen,
globalen Sinn.
Konkret sieht das so aus: Der Mehringplatz
wird von seinen Dornenhecken befreit und renoviert. 64 farbig emaillierte
Stahlblech-Fahnen werden installiert, die sich im Wind um 360 Grad
drehen können. Die Farben folgen dem Spektralkreis. So formt
sich ein runder Regenbogen. Am Fuße jeder der 64 ,,Fahnenstangen"
wird eine Tafel mit einem 1-Ging-Zeichen und der entsprechenden
Interpretation in der klassischen Übersetzung von Richard Wilhelm
angebracht.
Prominente Künstler
Eine von Voges gestaltete Presse-Information
erklärt, wie dieses gigantische ,,Buch der Wandlungen"
- so eine andere Bezeichnung für das 1-Ging - benutzt werden
soll:
,,Stellen Sie sich eine Frage, die Sie nicht mit Ja oder Nein beantworten
können. Begeben Sie sich zu der Farbe, die sie in diesem Moment
am meisten anspricht und lesen Sie am Fuße Ihrer Tafelfahne
das 1-Ging-Orakel. 2.500 Jahre Weisheit geben Antwort auf Ihre Frage."
Weiter heißt es in dem Informationstext: ,,,,Das Orakel von
Berlin" bietet ein in Europa einzigartiges Zusammenwirken von
Stadtarchitektur, Spiel und Weisheit... Namhafte europäische
und chinesische Künstler sind an der Realisierung dieses ersten
Straßenorakels der Welt beteiligt. Zwei monumentale Skulpturen
der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle markieren
symbolhaft das alte Hallesche Tor. 11 Diese beiden Skulpturen werden
ein Sonnentor und ein Mondtor von jeweils etwa 12 Meter Höhe
sein. Eine kleinere Version des Sonnentores existiert schon. Sie
steht in Niki de Saint Phalles Garten bei Paris. Nicht nur verschiedene
hochkarätige Künstler sind beteiligt, sondern auch Fachleute
verschiedener anderer Bereiche; zum Beispiel Professor Dr. Bost
aus Frankfurt für die Farbberatung, für das Feng Shui
Großmeister Professor Dr. Lin Yun Thomas und für das
1 Ging die Expertin und Buchautorin Hanna Moog, die das zum Teil
extrem an männlichen Werten orientierte ,,Buch der Wandlungen"
auf weiblich geprägte Hintergründe hin untersucht.
Bonger Voges ist ein Mann mit schöpferischen
Ideen, vielen Kontakten und einer Menge Intuition und Inspiration.
Er hat unter anderem im buddhistischen NaropaInstitut in Boulder,
Colorado, studiert. In München machte er sich als Regisseur
und Choreograph einen Namen (siehe dazu auch esotera 10/88: ,,Tanz
in die Zukunft"). Er organisierte und veranstaltete verschiedene
Festivals, begründete mehrere künstlerische Initiativen
und vieles mehr. Nun zog es ihn nach Berlin, wohin er durch seine
Familie starke Verbindungen hat. Dort wurde er mit offenen Armen
aufgenommen.
Sponsoren gesucht
Seine Idee, den Mehringplatz zum ,,Orakel
von Berlin" umzugestalten, wird auch offiziell von Persönlichkeiten
wie z.B. dem Wirtschafts-Senator Elmar Pleroth, dem Botschafter
der Volksrepublik China, Lu Quitian dem Bezirksbürgermeister
von Berlin-Kreuzberg, Franz Schulz und sogar von Bundespräsident
a.D. Richard von Weizsäcker begrüßt. Auch in der
Fachzeitschrift ,,Architektur und Wohnen". Zwar werden nach
wie vor gute zusätzliche Ideen und Fachleute gesucht, die bereit
sind, ihr Know-how einzubringen. Aber im großen und ganzen
ist ,,das Orakel von Berlin" bereits beschlossene Sache und
könnte jederzeit in die Tat umgesetzt werden.
Was allerdings nach fehlt, ist Geld.
Der Spaß soll rund 6,5 Millionen Mark kosten und durch Sponsoren
sowie die Vermarktung von Tourismusartikeln finanziert werden. Bonger
Voges ist mit verschiedenen möglichen Geldgebern im Gespräch,
die Sachlage aber noch nicht geklärt. Daher wird als frühestmöglicher
Eröffnungstermin des Orakelplatzes der Herbst 1999 genannt
. Näheres zum zeitlichen Rahmen steht noch nicht fest. So liegt
also Dornröschen nach wie vor im Schlaf. Doch ein umfangreicher,
bestens qualifizierter Hofstaat steht schon bereit, umgehend für
sie aktiv zu werden. Bleibt nur, ein fröhliches Erwachen zu
wünschen!
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Visionen 5/98
Orakelplatz in Berlin
Der Münchner Künstler
Bonger Voges verleiht dem Mehringplatz im Zentrum Berlins eine neue
Gestalt. Für das weltweit erste Straßenorakel werden,
entsprechend den 64 Zeichen des chinesischen Weisheitsbuches 1 Ging,
in gleichmäßigen Abständen auf den Dächern
des Gebäuderondells 64 große, im Farbverlauf des Lichtspektrums
reflektierende Tafeln installiert. Zu ebener Erde werden sie ergänzt
von 64 Texttafeln mit den Antworten des 1 Ging auf die großen
Lebensfragen, die bereits der Meister Kungfutse (Konfuzius) vor
2.500 Jahren begeistert studierte. Am Nord- und Südeingang
des Platzes werden zwei monumentale Skulpturen der französischen
Künstlerin Niki de Samt Phalle errichtet. Für die Installation
sucht der Künstler noch Sponsoren.
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Sino Korerspondenz 36, von Sebastian Luig
Das Orakel von Berlin
Der erste Orakelplatz der Welt - eine
Brücke zwischen Asien und Europa
Die Inhalte des 1-Ging, dem Jahrtausende
alten chinesischen Buch der Wandlungen werden in der neuen Hauptstadt
zu einem begehbaren Erlebnis. Mit dem ambitionierten Projekt ,,Das
Orakel von Berlin" möchte der Konzeptkünstler Bonger
Voges einen neuen Anziehungspunkt schaffen und gleichzeitig eine
Brücke zwischen dem europäischen und dem asiatischen Kulturraum
errichten. Berlin ist in Bewegung. Überall in der Stadt wird
gebaut. Nichts scheint mehr so, wie es einmal
war. Mitten in diesem Chaos aus Baustellenlärm, Umzugshektik
und Verkehrschaos, im Herzen des neuen Berlins und in guter Nachbarschaft
zu den Regierenden dieses Landes entsteht ein Ort der Besinnung
und Harmonie.
Das 1-Ging legt dar, wie der Mensch
aus sich heraus Heiterkeit und Ausgeglichenheit erlangen kann und
dadurch fähig ist, in jeder Situation die richtige Entscheidung
zu treffen. Davon inspiriert hatte der Konzeptkünstler Bonger
Voges 1995 die Idee zum Orakel von Berlin - eine in Europa bisher
einzigartige Symbiose von Kunst, Stadtarchitektur und asiatischer
Weisheit. Als Standort für das Orakel wählte der in Berlin
lebende Künstler den Mehringplatz aus, im Vorkriegsberlin neben
dem Pariser- und dem Leipziger Platz einer der schönsten und
beliebtesten Plätze der Stadt. Der nach Ende der NS-Gewaltherrschaft
zerstörte Verkehrsknotenpunkt verlor im geteilten Berlin seine
Funktion und geriet im Laufe der Zeit immer mehr in Vergessenheit.
Mit dem Fall der Mauer erlang er zwar seine Zentralität wieder,
wurde aber im Gegensatz zum Pariser- und Leipziger Platz bei der
Planung des neuen Berlins wenig beachtet.
Mit dem Orakel wird sich dieser Zustand
ändern, der Rondellförmige Platz wieder zu einer der Sehenswürdigkeiten
der pulsierenden Metropole werden. Die Idee des Orakelplatzes ist
einfach erklärt: Kurze Erläuterung in den beiden Eingangsbereichen
des Platzes, die jeweils durch eine monumentale Torskulptur der
französisch-amerikanischen Künstlerin Niki de Saint Phalle
markiert werden, fordern den Besucher auf, sich eine Frage zu stellen,
die nicht sofort mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Der Besucher
lässt sich dann zu einer der 64 farbigen Windtafeln leiten,
die ihn in diesem Moment am meisten anspricht. Die Windtafeln sind
auf dem Dach des inneren Gebäuderondells befestigt, ihnen zugeordnet
sind jeweils eine im Boden eingelassene Orakeltafel, die schließlich
die Antwort auf die gestellte Frage bereithält.
Unterstützung erfährt das
Projekt nicht nur von den Anwohnern. Auch führende und bedeutende
Persönlichkeiten wie der ehemalige Bundespräsident Richard
von Weizsäcker und Lu Qiutian, Botschafter der Volksrepublik
China zeigen sich von dem Vorhaben begeistert. So schreibt der chinesische
Diplomat in einem Brief an Voges:
,,Ich hoffe, dass die Errichtung der Tafelfahnen des 1-Ging den
Europäern beim Kennenlernen der traditionellen chinesischen
Kultur hilft und wünsche in diesem Sinne dem Projekt viel Erfolg."
Gelegenheit Europas Orakel der Neuzeit und den Künstler schon
vor dem ersten Spatenstich zur Jahrtausendwende kennen zu lernen
bieten eine Ausstellung vom 20.8. bis zum 05.9.99. Neben der Möglichkeit
das Orakel bereits zu befragen, werden Dokumentationen über
die mitwirkenden Künstler und den Orakelplatz sowie Informationen
zur 1-Ging Farbpsychologie angeboten. Außerdem werden im Rahmen
der Berliner Schaustelle am 22.8. und 29.8.99 Führungen über
den Orakelplatz angeboten.
1. Schaustellentermin: 22.8.99, 11.00-13.00 Uhr
2. Schaustellentermin: 29.8.99, 11.00-13.00 Uhr
Öffnungszeiten der Ausstellung: tägl. 11.00-18.00 Uhr
Adresse: Das Orakel von Berlin, Friedrichstraße 246, 10969
Berlin
Tel.: 030/525 94 677
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Magazin der AOK Berlin 4/98
Der Alte und der neue Mehringplatz
Drei Namen - drei Geschichten
Von BeIIe-Alliance...
Einst unter König Friedrich-Wilhelm 1. als riesiges Rondell
gebaut, hieß er BelleAlliance-Platz. Zeitgleich, vor gut 250
Jahren, entstanden auch der viereckige Pariser Platz und der achteckige
Leipziger Platz. Zusammen bilden sie die repräsentativen Knotenpunkte
der damaligen Friedrichstadt. Alle drei Plätze wurden während
des zweiten Weltkrieges nahezu völlig zerstört.
...über Mehring...
Nach dem Krieg kam der neue Name: Der Politiker Franz Mehring stand
dafür Pate, und Architekten, Bauherren und Stadtplaner versuchten,
dem Platz zu neuem Ansehen zu verhelfen. Durch die Teilung Berlins
jedoch verlor er auch die Funktion als wichtiger Verkehrsknotenpunkt
und als Tor zur Friedrichstraße. Seine frühere
Anziehungskraft hat er bis heute nicht wiedergewonnen.
zum Orakel von Berlin
Nun will Bonger Voges, freischaffender Künstler aus München,
dem 25.000 qm großen Platz mit einem bisher einmaligen Konzept
und großen, weithin sichtbaren Installationen eine neue Bedeutung
geben. Voges kreiert den „Orakelplatz“. Das Orakel von
Berlin verknüpft Stadtarchitektur, Spiel, westliche Moderne
und fernöstliche Weisheit. 64 große, lichtreflektierende
Tafeln werden in gleichmäßigen Abständen auf den
Dächern des Gebäuderondells installiert, das den Platz
umschließt. Wie Fahnen, die der Windrichtung folgen, bilden
sie in ihrer Anordnung den Farbspektralkreis. 64 Texttafeln zu ebener
Erde ergänzen die Installation. Jede einzelne gibt Antworten
auf die ,,Fragen des Lebens" aus dem 2.500 Jahre alten Weisheitsbuch
„I Ging".
Die Finanzierung wird in erster Linie
durch Sponsoren erfolgen, die von der Werbewirksamkeit des Platzes,
den begleitenden Ausstellungen und Veranstaltungen sowie dem Merchandising-
und Kommunikationskonzept überzeugt sind. Namhafte Persönlichkeiten
sowie deutsche, europäische und chinesische Künstler unterstützen
die Realisierung des ersten Straßenorakels der Welt. So werden
z.B. zwei Skulpturen der französischen Künstlerin Niki
de Saint-Phalle errichtet. Der Platz am Halleschen Tor soll damit
endlich zu einer Attraktion Berlins werden und Anwohner, Berliner
und Besucher aus dem In- und Ausland begeistern.
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Partisan, Oktober 1998
Erkenne dich selbst
Die Brücke über den Bosporus
verbindet den asiatischen mit dem europäischen Kontinent. Das
Orakel von Berlin schlägt eine gedankliche Brücke zu chinesischer
Tradition. Die Zukunftsdeutung anhand von Zeichen könnte mit
den 64 Tafelfahnen des I Gings praktiziert werden, mit denen der
Künstler Bonger Voges den Mehringplatz für eine zeitlang
neu gestalten wird. Die Frage nach dem Bleiben im Wandel wird sich
auch für den geschichtsträchtigen Ort stellen, der durch
das Spiel der jahrtausende alten Weisheit wiederbelebt werden soll.
Die delphische Bauweise der Lebensparzellen inspirierte den Konzeptkünstler,
seine chinesische Pythia an das südliche Ende der Friedrichstrasse
zu setzen, und die Betonfassaden mit den Metallfahnen und im Boden
eingelassenen Texttafeln mit Sinnsprüchen des alten Meisters
Konfuzius zu versehen.
Die französische Künstlerin
Niki de Saint Phalle wird das Terrain noch mit einem Sonnen- und
Mondtor verschönern. Geplant ist die Aktion für Herbst
,99. Zur Eröffnung des Kunstherbstes ,98 findet die 1. Benefizparty
für das Orakel von Berlin statt. Mit funk' n' soul, black magic
sound, Thai food, Hafen Cocktails und vielem mehr. Auf zwei Dancefloors
und fünf Lounches werden die DJs Medy 5., Pete Soul und andere
Größen die Räume beschallen - Sphinxen, Nixen und
Hetären zeigt die Modeschule Berlin und der Film ,,Das Monster"
von Peter Schamoni gewährt euch Einblicke in das Leben von
Niki de Saint Phalle.
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Vogue Oktober 1998
Rueckfrage: Bonger Voges
Für das neue Berlin plant der
Konzept-Künstler den weltersten Orakel-Platz
Vogue: Was ist Ihr Orakel-Platz, wo
wird er stehen?
Bonger Voges: Am Anfang der Friedrichstraße. Auf dem kreisförmigen
Gebäude dort werden 64 Farbfahnen angebracht. Unten sind im
Boden Tafeln mit Weissagungen des ,,I Ging" eingelassen. Eröffnung
soll im Jahr 2000 sein.
V: Und wie funktioniert das Prophezeien?
BV: Der Ratsuchende betritt den Platz durch ein Tor von Niki de
Saint Phalle, stellt
sich eine Frage, wählt dann aus dem Spektralkreis spontan eine
Farbfahne, an deren Fuß er die Antwort des altchinesischen
Orakels erfährt.
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Architektur und Wohnen mit Ambiente 4/98
Spirituelles Bauen
Harte Investorenherzen entdecken weiche
Werte. Für ein internationales Konsortium projektiert Arata
Isozaki eine 400 Hektar große künstliche Insel im Chinesischen
Meer - komplett nach Feng-Shui-Grundsätzen. Haishi Jimua, die
Stadt im Meer, bezieht sich nicht nur in der Form, den Achsen und
mit dem sie durchziehenden Kanal (der ein wenig an Venedigs Canal
Grande erinnert) auf umliegende Berggipfel. Auch alle Gebäudeformen
haben sich dem ,,Blauen Drachen" (hoch und groß) oder
dem „Weißen Tiger" (flach und klein) unterzuordnen.
Am Südufer sollen zwei FengShui-Türme den Wind beruhigen.
In Berlin trifft ebenfalls Westgeld auf Ost-Mystik; das 2500 Jahre
alte chinesische Orakel I Ging soll helfen, den etwas freudlosen
Scharounschen Mehringplatz aufzuwerten. Bis zum Herbst 99 wird das
Rondell mit farbigen Metallfahnen und 64 Texttafeln zum architektonischen
Groß-Orakel ausgebaut.
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Die Reise nach Berlin Journey to Berlin Sept./Okt.
1998
Das Orakel von Berlin
Stellen Sie sich eine Frage, die Sie
nicht mit Ja oder Nein beantworten können.
Begeben Sie sich zu der Farbe, die Sie in diesem Moment am meisten
anspricht, und lesen Sie am Fuße Ihrer Tafelfahne den Text
des 1 Ging: 2500 Jahre Weisheit werden Antwort auf Ihre Frage geben.
Dies ist keine verquere Beschreibung
zur Öffnung eines Glückskekses, sondern die Erklärung
zum ersten Straßenorakel der Welt. Um den Mehringplatz, dem
,,Tor zur Friedrichstraße", Leben einzuhauchen ist die
Fertigstellung der dauerhaften Attraktion ab April 2000 geplant.
Das künstlerisch-ästhetische Konzept baut auf die Architektur
von Scharoun und Düttmann auf und wurde durch das 2500 Jahre
alte chinesische Weisheitsbuch I Ging inspiriert. Auf dem Dach des
Gebäuderondells am Platz werden 64 Tafelfahnen (Metall, emailliert,
Größe 2,5m x 2,5m) in der Abfolge des Farbspektralkreises
angebracht. Sie sind das Signal des Orakels. Jeder Tafelfahne ist
eine im Boden eingelassene Orakeltexttafel zugeordnet, auf der man
eine weise Antwort lesen kann. Durch Wind und Sonne gibt es das
harmonische Wechselspiel der Farben, das ein Blickfang für
Touristen und Einheimische werden soll.
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